Monday, July 20, 2009

Napier und ein Hoch auf Neuseelands Busfahrer

Nach 5 Tagen in bester Gesellschaft und einem Tag im schwefligen Rotorua bin ich nun wieder alleine und seit heute Nachmittag in Napier. Bis Einbruch der Dunkelheit bin ich durch die Innenstadt mit ihren goldigen quietschbunten Art Deco Haeusern aus den fruehen 30ern spaziert. Als dieser Stil auf dem Rest der Welt schon wieder aus der Mode war, errichtete man sie aus purem Trotz waehrend der Weltwirtschaftskrise nachdem ein Erdbeben die Stadt erst um 2m gehoben und ihre Reste von einem durch austretende Gase verursachten Grossbrand dahingerafft wurden. Seitdem ist man hier so verliebt in diese Fassaden, dass man sogar Supermaerkte mit ihnen verkleidet.

Hierhin gekommen bin ich wieder einmal mit dem Bus, genauer gesagt mit dem Intercity Coach, der Deutschen Bahn Neuseelands. Abgesehen davon, meistbenutztes oeffentliches Verkehrsmittel im Fernverkehr zu sein, haben DB und Intercity allerdings keine Gemeinsamkeiten. Das Servicepersonal an den Bahnhoefen ist bis auf wenige Ausnahmen ausgesprochen freundlich und hilfbereit: Sie erklaeren einem dem Weg zum Hostel und starten sogar Telefonanrufe, damit einem - also mir - der Busfahrer verlorene Gegenstaende - meine Kameratasche - wiederbringt! Nix da, wir haben ein zentrales Depot, schau wie du hinkommst oder Bearbeitungsgebuehr...
Genauso toll sind die Busfahrer. Sie spielen nicht nur Kindermaedchen fuer die zahlreichen unaccompanied minors, schnallen die Kleinsten in ihren Kindersitzen fest, machen mit ihnen Spoekskes, putzen Kotze ab und helfen beim Umziehen, wenn sich ein Kleiner auf einer der kurvigen Bergstrecken nicht getraut hat, rechtzeitig Bescheid zu sagen und das "please let me know if you need some fresh air" wieder nicht gewirkt hat. Aber auch um Erwachsene wird sich gekuemmert. Als neulich eine leicht verplante Frau mittleren Alters waehrend eines Stops um neue Fahrgaeste einsteigen zu lassen versehentlich ausgestiegen und so verloren gegangen ist, wurde nach 15 km extra umgedreht, um sie wider einzusammeln. Dummerweise mussten wir einen Anschlussbus erwischen. Aber einen vollbesetzten Doppeldecker auf der Hauptstrecke zwischen Auckland und Wellington bitten, noch 20 min auf 2 Leute zu warten, obwohl 2h spaeter der naechste geht? No problem, I call him! Als wir ankamen war der Fahrer zwar verstaendlicherweise leicht gereizt, aber bei seiner ersten Mirophonansage hat er schon wieder Witze darueber gemacht.
Apropos Mikrophonansagen... Heute hat der Fahrer die dreiviertel Stunde zwischen Rotorua und Taupo genutzt, um seine Fahrgaeste ueber die Land- und Forstwirtschaft Neuseelands und die geographischen Gegebenheiten des zentralen Vulkanplateaus zu unterrichten. Hab mich gefuehlt wie auf Exkursion, seine Ausfuehrungen waren aber weit unterhaltsamer. Wohlgemerkt: Kein Touri-Bus, sondern stinknormales oeffentliches Verkehrsmittel! Jetzt weiss ich Bescheid ueber Hirschzucht (gebracht von den Englaendern, erst Landplage, seit den 70ern in Gehegen zur planmaessigen Zucht, Hauptexportlaender Deutschland, Schweden, USA), den groessten Forst der Suedhemisphaere (verschiedene Pinienarten, seit den 30ern, hohe Waldbrandgefahr im Sommer, Abholzen ganzer Berge bei Schlagreife fuehrt zu starken Erosionsschaeden), und darueber das die mehrere Meter maechtigen Decken vulkanischer Aschen auf der ganzen Nordinsel zu einem Grossteil von einem einzigen Ereignis stammen, welches sogar im antiken Rom den Himmel rot faerbte, und neben roemischen auch von chinesischen Geschichtsschreibern aufgezeichnet wurde. Haben wir wieder was gelernt :)

No comments:

Post a Comment